Lyrik aus Haiti (weiden)

fugo diethelm

Monat: Juli 2008 Seite 3 von 4

Bitte geh

Bitte geh

Schau mich nicht an
Ich bitte dich
Weil ich sonst wieder nicht schlafen kann

Geh fort aus meinem Leben
Ich habe dich nicht gerufen
Nichts ist einfach so
Wie du es dir vorstellst
Nächte sind wie Tränen
Wenn du wieder fort bist
Morgen wie leere Tassen

So als wäre nichts dabei
So bist du gekommen
Glaubst du du könntest nun
So leise wieder gehen
Die Fenster offen stehen lassen
Dass der Wind erschreckt
Und das Herz sich verkühlt

Schau mich nicht an
Ich bitte dich
Weil ich sonst wieder träum von dir

Bitte geh
 

Lodano

Gerne
Würde ich hier
Aus den tausend Steinen
Neue Häuser bauen
Tessinerdörfer

In Ehrfurcht der früheren Erbauer
Und angesichts meiner eigenen Steinbrüche
Bin ich versucht
Ruinen
Zu heiligen
 

Cevennes

Der Spaziergang
Meiner Seele
Durch Kastanienwälder
Seichte Wasserläufe
An Schafweiden vorbei

Im Hügelland
Auf und ab
Führt nicht wie gehofft
Auf Anhöhen mit Übersicht
Oder Aussicht nur

Es erscheint hinter
Jeder Kuppe
Alles noch viel fraglicher
Denn neue Kreuzungen
Verlangen nach Entscheidung

Nächtelang

Umschlang ich deine Lenden
Den kleinen Finger
Den ich dir gab
Haben deine acht Arme
Längst
Mir aus der Hand
Gerissen
 

Manchmal

Auf der Spitze
Der einsamen Palme
Denke ich mir
Jetzt müsste es möglich sein
Mich
Auf meine Insel zu setzen
Oder besser noch
Hinzulegen
Ganz breit und flach
Und
Lange und aus voller Brust
Mich sein

Einfach so

Einfach so im Sand liegen
Und im gläsernen Strand wühlen
Oder auch in dir
Auf deiner weichen Brust
Meine heissen Lippen kühlen
Langsam meine verklebten Finger
Über dich gleiten lassen
Und
Einfach so da sein

Und auch du
Suchst deinen Blick irgendwo festzuhaken
An meinen roten Ohren über dir
Der Mond hängt am Himmel plötzlich
Und du wühlst in mir
Dein feuchtes Haar
Kitzelt sich einen gewagten Weg
Dann
Einfach so da sein
 

Türlersee

Stille stille stille

Träume träumt träumend
Der selige See

Fruchtbare Gedanken
An Sommernacht und Sommertraum

An genussfeuchte Hände
Und weichroten Mund

Über weicher
Bebender Brust

Lust und Ungeduld
An unverdeckter Scham

Weisse Glieder
Salzverklebte Haut

Mondklare Nacht
Fischfeuer und Erdbeerfeld

Lustgeile Gier
Entkorkte Flaschen

Oder auch
Direkt vom Fass

Muschelmund und Muschelschoss
Traumverklebt

Geheimnis gespickt
Schimmernd durch Sommerkleid

Weiss und weit
Unendlich weit

Sommerwind umweht
Badend nackt

Braungebrannt
Nabel küssend

Träumt der See
Ohne rot zu werden 

Meine Liebe ist ein Blatt

Erinnerst du dich
Im Frühjahr in der warmen Sonne
Ganz fein, oft sich versteckend
Unsichtbar, gondelnd im Wind

Erinnerst du dich
Drängen nach Licht, dürstend
Gross, dunkel am Ast gehangen
Sommer, Quelle aller Leidenschaft

Erinnerst du dich
Beim ersten Wind schon rot
Braun beim zweiten Herbstwindstoss
Leicht vom hohen Baum gesegelt

Jetzt liege ich da
Winterstarre und kalt in mir
Lebe aus Erinnerung
Und faule vor mich hin
 

Ein Morgen

Ohne Wecker
Ohne Nachrichten
Ohne verschlossene Haustüre
Ohne dunkles Treppenhaus
Ohne Fussgängerstreifen
Ohne Bushaltestelle
Ohne Bremsgeräusch
Ohne Blaulicht
Ohne Glockenklang
Ohne Farbtransparente
Ohne Nebelwolken
Ohne Rotlicht
Ohne Trauer
Ohne Tablette
Ohne Zeitungsaushang
Ohne Scherben auf der Strasse
Ohne Gittertore
Ohne Verbotsschilder
Ohne Schäferhunde
Ohne Kaffeepause
Ohne PC
Ohne Telefon
Ohne Türen
Ohne Plastiktasche

Ein Morgen ohne

Ohne Sorgen 

Mitten in der Stadt

Keinen Parkplatz
Gewohnt
Die drei Stufen auf und ab
Ungeduldig
Den Strauss in der Hand

Die Türe
Singt ihr bekanntes Lied
Und es riecht nach arabischem Oel
Der Lift steckt im zweiten
Also alles im Laufschritt

Gewohnheit auf jeder Stufe
Vertrautheit an jeder Ecke
Nur das Adieu
Ist einmalig und  macht
schmerzend weh
 

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